«Sana distancia» auf der ganzen Welt

30. Mär 2020

COVID-19 hat inzwischen praktisch alle Länder erreicht, und in den meisten ist «Social distancing» oder – wie es zum Beispiel in Mexiko etwas positiver heisst «sana distancia» («gesunder Abstand») – zu einer wichtigen Verhaltensregel geworden. Ein kurzer Lagebericht aus verschiedenen Ländern – von Missionaren aus der Schweiz.

«Sana distancia» auf der ganzen Welt

«Quedate en casa» («bleibt zuhause»!) heisst es in Mexiko, wo gemäss dem dortigen Provinzial, P. Hans Weibel (auf dem Bild im Flüchtlingshaus «Casa Betania» (noch vor der Corona-Krise!), «gerade das Aufwachen begonnen hat». Die geplante Provinzversammlung musste er absagen, seine Besuche in den Distrikten sind abgesagt, und die Messen werden nur noch in kleinen Gruppen gefeiert. «In der 25-Millionen-Stadt Mexiko sind die Strassen an Werktagen leer wie sonst nur an einem Sonntag», schreibt er, «Restaurants, Kinos und Schulen sind geschlossen.» Die Kirchen sind fürs Gebet noch geöffnet, öffentliche Gottesdienste und Prozessionen sind abgesagt. Immerhin: «Es gibt keine Panik, weil die Menschen einen tiefen Glauben haben, den sie im Alltag leben», wie P. Weibel sagt, und zwar mit «Gebet, Solidarität, Mut machen, positiven Botschaften via Whatsapp und Videos mit Kindern, die alle ermutigen: Alles wird gut.»

Europa: kein Verdacht auf Erkrankung bei Steylern

«Ich werde in nächster Zeit sicher keine Reisen in der Provinz», sagt P. Stephan Dähler, Provinzial in der Mitteleuropäischen Provinz, denn: «Es gilt in allen vier Ländern: zuhause bleiben!» Bisher gibt es in der ganzen Provinz keinen Fall eines infizierten oder überhaupt getesteten Steyler Mitbruders: Die Niederlassungen versuchen, jeden Aussenkontakt zu vermeiden. Die Gottesdienste finden wie gewohnt statt, jedoch ohne Beteiligung von Menschen ausserhalb der Steyler Hausgemeinschaft. «Seelsorge nach aussen findet über Telefon und moderne Medien statt», meint der Provinzial, «und bei der Übernahme von Diensten innerhalb der Gemeinschaft gibt es grosse Solidarität.» Die nächste Provinzratssitzung im April war schon vorher als Online-Sitzung via Skype geplant und wird voraussichtlich am geplanten Termin stattfinden.

«Krisensitzung» in Steinhausen

In der Niederlassung «Maria Hilf» in Steinhausen in der Schweiz «geht es allen gut, niemand hat irgendwelche Symptome», hält P. Matthias Helms auf Anfrage fest. Schon vor 14 Tagen gab es eine «Krisensitzung» mit allen neun Mitbrüdern (von den fünf wegen ihres Alters oder Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehören) und Köchin Monika. An der Sitzung machte sich die Hausgemeinschaft mit den offiziellen Regeln vertraut, die sie strikt einhält und an die man sich gegenseitig immer wieder erinnert. Sollte jemand Symptome haben, würden alle gemeinsam (inklusive der Köchin) in Quarantäne gehen. Als Gemeinschaft, so P. Helms, verstehe man sich als Familie, esse weiterhin gemeinsam an einem Tisch, bete in der Kapelle und feiere dort die Eucharistie, einfach ohne allgemeine Kelchkommunion. Externe können nicht mehr hier essen oder an Messen teilnehmen. In Pfarreien, bei den Schwestern in Menzingen und in Alters- und Pflegeheimen sind keine Besuche und Aushilfen mehr möglich bzw. von der Diözese Basel untersagt. Man versucht jedoch, telefonisch ansprechbar zu bleiben.

Tanzania: Noch gibt es Gottesdienste

P. Albert Fuchs meldet sich auch Simanjiro in Tanzania, ca. 100 Kilometer südlich von Arusha, wo am Freitag der für einige Zeit wohl letzte Markt stattfand und viele Menschen zusammenkamen. Nach monatelangen Regenfällen könnte dies ein segensreiches Jahr werden, wenn auch aus der Ferne Nachrichten von einer Heuschreckenplage kommen. Aber auch hier sind bereits einige Corona-Fälle bekannt geworden, werden die Menschen zum Abstandhalten und Händewaschen, gleichzeitig aber auch zum Weiterarbeiten angehalten. P. Fuchs schreibt: «Die Leute sind verunsichert, es zirkulieren Gerüchte. Es gibt Stimmen, die dazu mahnen, die Situation ernster zu nehmen, z.B. jene des Oppositionsführers, dessen Sohn sich infiziert hat, sich jedoch scheinbar gut erholt. In Dar-se-Salaam, das an der Küste liegt, werden einzelne Stadtbezirke gegen das Virus mit Desinfektionsmittel besprüht.»

Auf kirchlicher Seite gibt es auch Einschränkungen: Die Gottesdienste werden zwar bisher weiterhin angeboten, empfohlen wird jedoch eine kürzere Dauer, offene Fenster, gute Durchlüftung und Distanz zwischen den Mitfeiernden. Es gibt keinen Handschlag beim Friedensgruss mehr, an manchen Orten keine Ministranten mehr in der Messe, die Handwaschung in der Liturgie findet mit Seifenwasser oder Desinfektionsmittel statt. Ausserdem soll der Priester Altar und Evangeliar nicht mehr küssen, Chöre sollen nur noch kurz proben, und die Kommunion erfolgt hier – entgegen der sonst praktizierten Mundkommunion – nur noch als Handkommunion. 

P. Albert nennt auch Schwierigkeiten, die anders als etwa in Europa sind: «Der Online-Bereich ist auf dem Land praktisch inexistent, das Netzwerk viel zu schwach, um Videos zu übertragen. Und Selbstisolation ist unter den hier herrschenden Verhältnissen sehr schwierig: Die allermeisten Häuser sind klein, dunkel, mit einfachen Betten, einer Kochnische und einem Ort, an dem man sich setzen kann.» Die Schulen sind seit einer Woche auch hier geschlossen, die Einnahmen gehen wegen des fehlenden Tourismus stark zurück. P. Albert befürchtet, dass eine Ausbreitung der Krankheit die Ärmsten am schlimmsten treffen wird: «Deshalb beten die Menschen und wir sehr darum, dass Gott uns in seinem Erbarmen vor dieser Krankheit bewahren möge.»

Palmsonntag in Paraguay

P. Walter von Holzen schreibt aus Paraguay, wo er bei einem christlichen Radiosender arbeitet: «Unsere Regierung hat sehr schnell reagiert, und schon vor 10 Tagen wurden alle Schulen geschlossen – auch die Kirche hat mit allen Versammlungen aufgehört. Es gibt keine Messen und Anlässe in der Kirche mehr. Wir haben zum Glück das Radio zu unserer Verfügung, um mit unseren Leuten in Kontakt zu bleiben. Wir halten eine Messe am Morgen und eine am Abend in unserem Studio.» Bisher gab es rund 30 Fälle von Corona-Infizierten in Paraguay. Die für die zweite Woche nach Ostern geplanten Provinz-Exerzitien sind derzeit noch nicht verschoben, was P. von Holzen jedoch eher erwartet. Für den Palmsonntag, «nach Aschermittwoch der liturgisch attraktivste Tag im Jahr», könnte sich der einheimische Priester in der Pfarrei vorstellen, dass die Menschen ihre Palmen in die 10 Kapellen bringen und sie nach der Segnung später individuell wieder abholen. Viele Schulen unterrichten, soweit möglich, ihre Schülerinnen und Schüler über das Internet, das allerdings nicht überall die nötige Stärke hat.

Bruder Thomas Hasler ist ebenfalls in Paraguay tätig und schreibt, dass sich die Bewohner nur noch zwischen 5 und 15 Uhr auf den Strassen bewegen dürfen und dass nur noch Produktion und Verkauf im Lebensmittelbereich zulässig sind. Fast 400 Personen wurden schon verhaftet, weil sie die Ausgangssperre nicht beachtet haben. Der Staat will jede Familie mit umgerechnet rund 35 Euros per Mobiltelefon für den Einkauf von Lebensmitteln unterstützen. Br. Hasler schreibt: «Für die Bevölkerung wird wohl das Osterfest eine Herausforderung, denn hier wird an diesen Tagen viel (auch vom Ausland her) gereist, weil die ganze Familie zusammenkommt. Der Staat möchte dies diesmal jedoch verhindernd und hat die Massnahmen vorerst bis 12. April angesetzt.» Auch in der Landwirtschaftsschule CEFA, die er leitet, ist die Situation schwierig, weil hier jetzt 14 Schülerinnen und Schüler leben, die wegen der Massnahmen nicht nach Hause fahren konnten. Weil die Lebensmittel sehr schnell teurer geworden sind, wird dieses Jahr auch die finanzielle Lage der Schule schwierig werden.

Br. Hasler ist sicher, dass auch der Glaube in dieser Situation hilft: «Viele Menschen sehen in den Ereignissen dieser Tage einen Grund, sich Gedanken über den Sinn des Lebens zu machen. Obschon es nicht möglich ist, an religiösen Treffen teilzunehmen,  werden spontan viele Initiativen gestartet. So werden Kerzen zur gleichen Zeit angezündet oder eingeladen, an einem bestimmten Zeitpunkt inne zu halten. Ebenso werden alle Initiativen von Papst Franziskus unterstützt und verbreitet.»

Und hier geht es zu Steyler Nothilfe-Projekten in der Corona-Krise. 

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