Bußgottesdienst in der österlichen Bußzeit

Versöhnungsgottesdienst

„Gott mit allen Sinnen erfahren“

                                                                                            1. Schrifttext: 1 Kön 3,5-14
                                                                                        2. Schrifttext: Lk 11,34-36
                                                                                                3. Schrifttext: Ez 3,1-3
                                                                                     4. Schrifttext: 2 Kor 2,14-16
                                                                                         5. Schrifttext: Mk 5,25-29


Lied: GL 440 „Hilf, Herr meines Lebens“

Einleitung
Im Namen des Vaters + und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Gott, der Freund unseres Lebens und der Geber aller guten Gaben, sei mit euch.
Liebe Schwestern und Brüder. Um „Sinn-voll“ glauben zu können, müssen wir bereit werden, Gott mit all unseren Sinnen erfahren zu wollen. Das erfordert eine große Achtsamkeit von uns, vor allem aber viel Geduld mit uns selbst, mit unseren Mitmenschen, mit Gott.

In diesem Bußgottesdienst vor Ostern sind wir eingeladen, uns für die Wirklichkeit in uns und um uns zu öffnen und zu schauen, was wirklich sinnvoll ist: was dem Leben und der Liebe dient und was sie verhindert. Dabei kann es durchaus hilfreich sein, auf die Signale unseres Körpers zu achten, denn das gesunde Bauchgefühl kann uns Hinweise geben, wann wir dem Leben auf der Spur sind, aber auch, wann wir uns im Alltag verrennen oder verirren. Unser eigener Körper „weiß“ oft viel mehr über unsere Situation als der Verstand. Wer sich Zeit nimmt, die Sprache seines Körpers wahrzunehmen und zu verstehen, bekommt mehr Zugang zu dieser inneren Weisheit.

„Die fünf Sinne sind die ‚Stiegen‘, auf denen die Seele hinausgeht in die Welt und auf denen die Welt zur Seele geht“, sagt der mittelalterliche Mystiker Meister Eckhart. Daher wollen wir uns in diesem Bußgottesdienst unseren fünf Sinnen öffnen, um Gottes heilende Nähe zu erahnen und um ihn zu bitten, alles von uns zu nehmen, was uns schadet und dem wahren Leben mit Gott widerspricht.

Halten wir einen kurzen Moment inne und versetzen uns in die Gegenwart Gottes, der uns liebt und alle Wege im Leben mit uns geht.

Kurze Stille

Gebet
Gott, unser Vater, in der Begegnung mit dir können wir ahnen, wie gut du es mit uns meinst. Wenn wir in dieser Stunde auf dein Wort hören, schenkst du uns Leben in Fülle. Wenn wir heute dein Wort in uns aufnehmen, können wir dein Wirken in der Welt erfahren. Wenn dein Wort uns hier und jetzt berührt, können wir dich vor unseren Mitmenschen bezeugen. So bitten wir dich: Öffne unsere fünf Sinne für dich, damit wir erkennen, was gut und richtig ist für unser Leben, und all das aufgeben und loslassen, was dem Leben und der Liebe widerspricht. Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und Leben schenkt in alle Ewigkeit. Amen.



1. Aufhören, um auf Gott zu hören
Lied: GL 448 „Herr, gib uns Mut zum Hören“

Schrifttext                                                                                                      1 Kön 3,5-14
Lesung aus dem ersten Buch der Könige                                                  
In Gibeon erschien der Herr dem Salomo nachts im Traum und forderte ihn auf: Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll. Salomo antwortete: Du hast deinem Knecht David, meinem Vater, große Huld erwiesen; denn er lebte vor dir in Treue, in Gerechtigkeit und mit aufrichtigem Herzen. Du hast ihm diese große Huld bewahrt und ihm einen Sohn geschenkt, der heute auf seinem Thron sitzt. So hast du jetzt, Herr, mein Gott, deinen Knecht anstelle meines Vaters David zum König gemacht. Doch ich bin noch sehr jung und weiß nicht, wie ich mich als König verhalten soll. Dein Knecht steht aber mitten in deinem Volk, das du erwählt hast: einem großen Volk, das man wegen seiner Menge nicht zählen und nicht schätzen kann. Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht. Wer könnte sonst dieses mächtige Volk regieren? Es gefiel dem Herrn, dass Salomo diese Bitte aussprach. Daher antwortete ihm Gott: Weil du gerade diese Bitte ausgesprochen hast und nicht um langes Leben, Reichtum oder um den Tod deiner Feinde, sondern um Einsicht gebeten hast, um auf das Recht zu hören, werde ich deine Bitte erfüllen. Sieh, ich gebe dir ein so weises und verständiges Herz, das keiner vor dir war und keiner nach dir kommen wird, der dir gleicht. Aber auch das, was du nicht erbeten hast, will ich dir geben: Reichtum und Ehre, sodass zu deinen Lebzeiten keiner unter den Königen dir gleicht. Wenn du auf meinen Wegen gehst, meine Gesetze und Gebote befolgst wie dein Vater David, dann schenke ich dir ein langes Leben.

Impuls
Bevor wir die Augen das erste Mal öffnen, haben wir im Mutterleib bereits gehört. Erfahrene Wissenschaftler sagen, dass sterbende Menschen bis zuletzt den Gehörsinn offen haben. Eigentlich können wir, sobald das Organ ausgebildet ist, nicht mehr aufhören zu hören. Die Augen, der Mund lassen sich schließen, das Ohr nicht. Und doch können wir uns entscheiden, was wir hören wollen. –
Das Entscheidende der biblischen Gottesbegegnung vollzieht sich im Hören auf Gott, im Hören auf sein Wort. Paulus weist uns im Römerbrief darauf hin, wenn er schreibt: „Der Glaube kommt aus dem Hören!“ (Röm 10,17) Wohl auch deshalb bittet der junge König Salomo, von dem wir in der Lesung gehört haben, Gott um ein ‚hörendes Herzen‘.

Fragen zur Besinnung
- Wieviel Zeit nehme ich mir in meinem Alltag, um auf Gott zu hören?
- Was bedeutet es für mich, wenn mir jemand sagt: „Du liegst mir ständig in den Ohren!“?
- „Wenn die Pflicht ruft, gibt es viele Schwerhörige!“ – Bin ich einer davon?
Kurze Stille

Kyrie-Ruf: GL 154 Taizé, Kyrie 10

Gebet
Barmherziger Gott, segne unsere Ohren, damit sie deine Stimme in dieser Fastenzeit hören können; damit sie hellhörig seien für die Stimme in der Not unserer Tage, aber verschlossen bleiben für den Lärm und das unnötige Geschwätz in uns und um uns herum. Darum bitten wir dich durch Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.


2. Der Mensch gewinnt Ansehen, wenn er angesehen wird
Lied: GL 437: „Meine engen Grenzen“

Schrifttext                                                                                                  Lk 11,34-36
Lesung aus dem Evangelium nach Lukas                                                  
Das Auge empfängt das Licht und gibt es an dich weiter. Wenn deine Augen das Licht ungehindert einlassen, wird der ganze Mensch licht. Verschließen sich aber deine Augen dem Licht, lebst du ganz im Dunkeln. Deshalb achte darauf, dass das Licht in deinem Innern nicht erlischt! Kannst du nämlich Jesus als das Licht nicht mehr sehen, wie schrecklich wird dann deine Finsternis sein! Wenn aber alles an dir licht und nichts mehr finster ist, wirst du selbst zu leuchten beginnen, so als würdest du von einem hellen Licht angestrahlt.

Impuls
Der Mensch hat fünf Sinne, mit denen er seine Umwelt wahrnehmen kann, wobei er ca. 80 Prozent aller Informationen über die Augen aufnimmt. Unser Auge sieht aber nicht nur, es entscheidet auch. Denn was ich sehe, ist oftmals bereits eine Mischung aus objektivem Tatbestand und subjektiver Bewertung. Einfachstes Beispiel hierfür ist jene Flasche Wein, die dem einen halb leer, dem anderen aber noch halb voll erscheint. Unser Auge bestimmt also weitgehend auch unser Verhalten und unser Urteil.

Fragen zur Besinnung
- „Ich bin blind vor Wut!“ – Kenne ich solch ein Gefühl?
- Habe ich in meinem Leben vielleicht schon einmal den „Durchblick“ verloren?
- Gibt es jemand, der mir „ein Dorn im Auge“ ist?
Kurze Stille

Kyrie-Ruf: GL 154 Taizé, Kyrie 10

Gebet
Lebendiger Gott, segne unsere Augen, dass sie die Bedürftigkeit unserer Mitmenschen wahrnehmen; dass sie das Unscheinbare in unserem Alltag nicht übersehen; dass sie hindurchschauen durch das Vordergründige und dass andere sich wohlfühlen können unter unserem Blick. Darum bitten wir dich, durch Christus unseren Bruder und Herrn. Amen.


3. Geschmack haben an den Weisungen des Herrn
Lied GL 440 „Hilf, Herr, meines Lebens“

Schrifttext                                                                                                         Ez 3,1-3
Lesung aus dem Buch Ezechiel                                                                           
Gott sagte zu mir: Menschensohn, iss, was du vor dir hast. Iss diese Rolle! Dann geh und rede zum Haus Israel! Ich öffnete meinen Mund und er ließ mich die Rolle essen. Er sagte zu mir: Menschensohn, gib deinem Bauch zu essen, fülle dein Inneres mit dieser Rolle, die ich dir gebe. Ich aß sie und sie wurde in meinem Mund süß wie Honig.

Impuls
Essen und Trinken hat wesentlich mit schmecken zu tun. Der Volksmund weiß: „Wer nicht genießen kann, wird auf Dauer ungenießbar.“ Und jeder kennt den Satz von Teresa von Avila: „Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Geschmack haben am Glauben, Geschmack haben an der Feier der Eucharistie, Geschmack haben am Wort Gottes: auch darum geht es in der Bibel. Bibelteilen ist immer noch ein Stiefkind in unseren Gemeinden. Wie schön wäre es, wenn wir Christen im Jahr der Bibel wieder Geschmack fänden am Wort Gottes.

Fragen zur Besinnung
- Wie gehe ich damit um, wenn mir in meinem Leben „etwas nicht schmeckt“?
- Kann ich das Wort Gottes auch außerhalb des Gottesdienstes „verkosten“?
- Wer oder was hat bei mir in der letzten Zeit einen „bitteren Nachgeschmack“ hinterlassen?
Kurze Stille

Kyrie-Ruf: GL 154 Taizé, Kyrie 10

Gebet
Gott, du Freund des Lebens, lass uns immer wieder Geschmack an dir finden, an deinem Wort und an der Beziehung zu dir. Lass uns immer tiefer erkennen, wer wir wirklich sind. Lass uns immer fester glauben, was wir beten. Lass uns immer entschiedener tun, was du uns sagst. Und lass uns und unsere Welt aus allen Wirren deinem Reich entgegenwachsen. Darum bitten wir dich, durch Christus unseren Bruder und Herrn. Amen.



4. Einen guten Riecher haben für die Wahrheit
Lied: GL 457 „Suchen und fragen“

Schrifttext                                                                                                    2 Kor 2,14-16
Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Korinther     
Wohin wir auch kommen, verbreitet sich die Erkenntnis Gottes wie ein angenehmer, köstlicher Duft, dem sich niemand entziehen kann. Ob die Menschen nun die Botschaft annehmen und gerettet werden oder sie ablehnen und verloren gehen: Unser Leben als Christen ist wie ein Wohlgeruch für Gott; er geht von Christus aus und erreicht alle Menschen. Für die einen wird er zum Pesthauch, an dem sie sterben, den anderen ist er ein köstlich-frischer Duft, der ihnen neues Leben verheißt.

Impuls
Gerüche und Düfte bleiben uns meist nachhaltig in Erinnerung. Das merken wir, wenn wir an Orte unserer Kindheitserinnerungen zurückkommen, denn dann steigen plötzlich wieder die Bilder aus vergangener Zeit in uns auf.
Es gibt Düfte und Gerüche, die in uns ein Gefühl des Glücks, des Wohlbehagens und des Beheimatet-Seins hervorrufen. Andere Düfte beunruhigen uns, wecken den Widerstand oder signalisieren eine Gefahr. Wenn wir etwas riechen, reagieren wir: entweder wollen wir dem Geruch entfliehen oder wir suchen ihn. Wenn etwas schlecht riecht, wenden wir uns ab oder aber versuchen, die Geruchsquelle zu beseitigen.

Fragen zur Besinnung
- Wie gehe ich damit um, von manchem in der Kirche „die Nase voll“ zu haben?
- Stecke ich gern meine Nase in fremde Angelegenheiten?
- Über wen oder was rümpfe ich schon mal gern die Nase?
Kurze Stille

Kyrie-Ruf: GL 154 Taizé, Kyrie 10

Gebet
Guter Gott, lass uns in dieser vorösterlichen Bußzeit den Duft der Freiheit der Kinder Gottes in uns und um uns wahrnehmen. Da, wo uns das Leben stinkt, weil wir schwach sind, erwecke uns zu neuem Leben. Wir beten heute aber auch besonders für die Menschen, mit denen wir uns schwer tun im Leben und die wir oft nicht riechen und ertragen können. Sei auch ihnen nahe und gib uns den Mut, neu auf sie zuzugehen.
Darum bitten wir dich, durch Christus unseren Bruder und Herrn. Amen.



5. Berührt sein von der Barmherzigkeit Gottes
Lied: GL 458 „Selig seid ihr“

Schrifttext                                                                                                        Mk 5,25-29
Lesung aus dem Evangelium nach Markus
In der Menge war auch eine Frau, die seit zwölf Jahren an starken Blutungen litt. Sie hatte sich schon von vielen Ärzten behandeln lassen und dabei ihr ganzes Vermögen ausgegeben. Aber niemand hatte ihr helfen können. Ihr Leiden war eher schlimmer geworden. Dann hatte sie von Jesus gehört und dass er Kranke heilte. Deshalb drängte sie sich durch die Menge an Jesus heran und berührte von hinten sein Gewand. Dabei dachte sie: „Wenn ich wenigstens seine Kleider berühren kann, werde ich bestimmt gesund.” Und tatsächlich: Die Blutung hörte auf.

Impuls
Lebendigkeit hat etwas mit Kontakt zu tun. Mit Kontakt zum Leben, mit Kontakt zu anderen Menschen. Diese Kontaktaufnahme geschieht nicht nur durch Worte, sondern auch und vor allem durch den Körper: eine herzliche Umarmung oder ein kräftiger Handschlag sagen mehr, als nur ein kühles „Hallo!“.
Jeder Mensch will berührt werden. Berührungen sind für unser Überleben genauso wichtig wie die Luft zum Atmen, oder Wasser zum Trinken! Wenn ein Baby auf die Welt kommt und niemand würde es berühren – das Kind wäre nicht lebensfähig! Menschen brauchen Körperkontakt zu anderen Menschen. Ohne diesen Kontakt verkümmern wir emotional – aber auch körperlich! Wir alle sind auf die Welt gekommen mit einem enormen Hunger nach Berührung. Mit einer tiefen Sehnsucht, dass uns jemand nahe ist! Und diese Sehnsucht bleibt bis zum Ende unseres Lebens!

Fragen zur Besinnung
- Was „berührt“ mich in meinem Glaubensleben besonders?
- Auf was oder wen reagiere ich eher „gefühllos“?
- An welche Lebensthemen müsste ich mich mal wieder „herantasten“?
Kurze Stille

Kyrie-Ruf: GL 154 Taizé, Kyrie 10

Gebet
Lebendiger Gott, in unserem Alltag wollen wir dich spüren und unser Leben besser begreifen. Wir brauchen dazu deine Kraft der Liebe, wir brauchen deine Kraft der Barmherzigkeit und die Kraft der Vergebung. Gib uns das rechte Gespür für andere, und das rechte Gespür auch für uns selbst. Schenke uns immer Menschen, die uns spürbar zur Seite stehen, und segne uns, damit wir spüren, wo wir gebraucht werden. Darum bitten wir dich, durch Christus unseren Bruder und Herrn. Amen.

Schlusslied: GL 446 „Lass uns in deinem Namen, Herr“

Gemeinsames Schlussgebet
Wir wollen umkehren zu dir, o Gott,
zu deiner leidenschaftlichen Liebe zu uns,
zu deinem grenzenlosen Vertrauen in uns,
und zu einem einfachen Glauben an dich.
Zu dir, o Gott, wollen wir umkehren,
um die Gerechtigkeit zu suchen,
den Frieden zu bringen
und die Versöhnung zu leben.
Zu dir, o Gott, wollen wir umkehren,
um das Gute in unserem Leben zu sehen,
um das Wahre um uns herum zu erkennen
und das Schöne zu feiern.
Zu dir, o Gott, wollen wir umkehren
und in der Gemeinschaft mit dir
für unsere Schwestern und Brüder
zu leben und zu wirken.
Amen.


Segen und Entlassung
Gott, der Freund unseres Lebens, segne euch
und breite aus über euch seine Barmherzigkeit.
Er selbst erhelle eure Herzen und mache euch wieder froh.
Er schenke euch seine Vergebung
und geleite euch auf dem Weg
zur Vorbereitung auf das bevorstehende Osterfest.
Dazu segne euch Gott – unser aller Vater –, +
der Sohn – unser aller Bruder –
und der Heilige Geist – unser aller Beistand.
 
Lied: GL 451 „Komm, Herr, segne uns“


© Norbert Cuypers SVD

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